Der Merle-Faktor beim Hund – zwischen Trend und Tortur
Neben ihren einfarbigen Artgenossen stechen sie sofort ins Auge: die bunt gescheckten Merle-Hunde.
Das wild gefleckte Fell gibt den Tieren ein extravagantes Aussehen und reizt durch seine Andersartigkeit.
Doch was hat es mit dieser besonderen Fellzeichnung auf sich und weshalb steht sie so in der Kritik?
Was ist das Merle-Gen?
Merle-Hunde leiden unter einer Mutation des Silver-Locus-Gens, welches auf dem Chromosom CFA10 ansässig ist. Die fleckige Sonderfarbe kommt dadurch zustande, dass das Merle-Gen das Pigment Eumelanin aufhellt. Tiere mir der Grundfarbe Schwarz erscheinen dann stellenweise grau (Blue Merle) und Hunde mit der Grundfarbe Braun bekommen eine rötliche Zeichnung (Red Merle).

In einigen Fällen greift die Depigmentierung auch auf Haut und Augen über, so können Merkmalsträger zum Beispiel Augen unterschiedlicher Farben haben (Odd-Eye) oder mehrere Farben in einem Auge vereinen (Iris-Heterochromie).
Obgleich das Erscheinungsbild des Hundes in den meisten Fällen Aufschluss darüber gibt, ob der Hund Merkmalsträger ist oder nicht, gibt es Varianten, in denen die optische Zuordnung schwerfällt (Phantom-Merle) oder gar nicht erst möglich ist (Kryptisch-Merle).
Gescheckter Modehund
Merle ist gerade voll im Trend. Die einen finden das gescheckte Fell einfach schön, die anderen verlieben sich in die blauen Augen oder nutzen ihren Hund als Ausdruck von Status und Prestige.
Dabei gerät die Tatsache, dass es sich bei Merle um einen Gendefekt handelt, schnell in den Hintergrund. Zwielichtige Züchter wittern die Gelegenheit, großes Geld zu machen und verstoßen wissentlich gegen Tierschutzgesetze und ethische Maßstäbe.

Der Merle-Faktor und seine gesundheitlichen Folgen
Das deutsche Tierschutzgesetz verbietet die Verpaarung zweier Merkmalsträger, weil das Merle-Gen verschiedenste gesundheitliche Probleme verursachen kann:
- Erkrankungen der Augen,
- Schäden am Gehör,
- Anomalien an Organen und im Knochenbau,
- herabgesetzte Fruchtbarkeitsrate,
- Lethargie,
- geringe Lebenserwartung.
Bei homozygoten (reinerbigen/MM) Hunden treten diese gesundheitlichen Probleme häufiger auf, als bei heterozygoten (mischerbigen/Mm) Hunden, sprich: Nicht jeder Merle-Hund ist zwangsläufig krank!
Folgen für den Käufer
Viele Käufer verbinden mit dem Merle-Faktor hauptsächlich optische Eigenschaften. Sie sind sich nicht darüber im Klaren, dass damit auch erhöhte Anforderungen an die Haltungsbedingungen oder eine kostenintensive Medikation verbunden sein können.
Zusätzlich kann es zu Verhaltensauffälligkeiten kommen, wenn die Hunde in ihrer Sinneswahrnehmung eingeschränkt sind. Die Standardregeln in der Hundeerziehung greifen dann oftmals nicht, sondern müssen stattdessen mühsam und individuell auf die Kompetenzen des Hundes abgestimmt werden.
Präventive Schutzmaßnahmen
Um die Qualzucht der Hunde nicht weiter zu unterstützen oder die versehentliche Verpaarung von Merkmalsträgern zu verhindern, könnt Ihr folgende Punkte beachten:
- Kauft Merle-Hunde nur mit Ahnentafel
- Schafft mit einem Gentest beim Tierarzt Klarheit, ob eine Merle-Variante vorliegt
Typische Hunderassen mit Merle-Faktor
Hunderassen, die vom FCI (Fédération Cynologique Internationale = größter kynologischer Dachverband) anerkannt sind:
- Australian Shepherds (Blue Merle/Red Merle)
- Border Collie (Blue Merle/Red Merle)
- Dackel (Blue und Red Merle)
- Kurzharrcollie (Blue Merle)
- Miniatur Amerikanischer Schäferhund (Blue Merle/Red Merle)
- Mudi (Blue Merle)
- Langhaariger Schottischer Schäferhund (Blue Merle)
- Norwegischer Laufhund (Blue Merle)
- Shetland Sheepdog (Blue Merle)
- Welsh Corgi Cardigan (Blue Merle)
Generell kann der Merle-Faktor in alle beliebigen Hunderassen eingekreuzt werden.
